Wann spricht man von einem Mangel beim Kauf eines Gebrauchtwagens oder Neuwagens ?
Ausgangspunkt für etwaige Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer ( Mängelhaftung) beim Autokauf ist immer die Frage, ob ein Mangel an dem Neuwagen oder Gebrauchtwagen gegeben ist. Soweit vertraglich konkrete Eigenschaften vereinbart wurden, ist bereits jede Abweichung hiervon als Mangel anzusehen. Probleme entstehen in der Praxis immer dann, wenn keine Eigenschaften konkret zwischen den Parteien vereinbart wurden. Es ist dann gemäß § 434 Abs. 1 Nummer 1 BGB zu klären, ob sich die Kaufsache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Sollte sich die Kaufsache für die vorausgesetzte Verwendung eignen, so ist sodann des weiteren ("...sonst...") zu prüfen, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 1 Nummer 2 BGB).
Für die Beantwortung dieser Frage ist auf die objektiv zu bestimmende berechtigte Käufererwartung eines Autokäufers abzustellen, die sich an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen /Fahrzeuge orientiert.
Weicht die Käufererwartung z.B. von dem Stand der Technik ab, so stellt dies einen Mangel dar. Im Umkehrschluss heißt dies, dass wenn die Kaufsache, also der Pkw dem Stand der Technik entspricht, nach der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass eine weitergehende Vorstellung des Käufers keinen Mangel im Sinne des Gesetzes darstellt. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass ein Käufer als übliche Beschaffenheit in technischer Hinsicht nicht mehr erwarten kann, als dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht.
Beispielgebend für die Prüfungsreihenfolge ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 330/06FB), bei welcher ein Autoverkäufer gegenüber dem Verbraucher im Kaufvertrag keinerlei Angaben zur Beschaffenheit gemacht hat und ein späterer Unfallschaden (Karosserieschaden), deren Reparatur über 1000,00 € kosten würde, sich offenbarte. Der Käufer erklärt letztendlich den Rücktritt vom Vertrag.
Da die Parteien keine konkrete Beschaffenheit vereinbart hatten, prüfte das Gericht als Nächstes, ob sich die Kaufsache zur vorausgesetzten Verwendung eignete, was vorliegend der Fall war. Letztendlich war daher nunmehr zu prüfen, inwieweit sich die Kaufsache für "die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann".Insoweit vertritt das Gericht die Auffassung, dass der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeuges davon ausgehen kann und darf, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. Von einem Bagatellschaden geht die Rechtsprechung u.a. aus, wenn der Schaden einschließlich Instandsetzungskosten unter 700,00 € beträgt (BGH AZ: VI ZR 365/03). Da im vorliegenden Fall der Schaden einschließlich Reparaturkosten weit über 700,00 € lag, bejahte das Gericht die Mangelhaftigkeit der Kaufsache, als (eine) Voraussetzung für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche.
Entscheident kommt es daher immer auf den konkreten Vertragsgegenstand und die Vertragsabsprachen und Umstände an, wobei es sich entweder um den Kauf eines Gebrauchtwagen oder eines Neuwagens handelt, bei welchen die Annahme eines Mangels nicht immer leicht ist.
Beim Neuwagenkauf ist die Einordnung, ob die sich nach Übergabe des Fahrzeuges zeigenden Mängelsymptome einen Mangel an der Kaufsache darstellen und Gewährleistungsrechte begründen, in der Regel einfacher, als bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens. Hintergrund dessen ist, das beim Gebrauchtwagenkauf meistens zwischen den Vertragsparteien keine konkreten Eigenschaften der Kaufsache vereinbart wurden und demnach es darauf ankommt, ob sich das Gebrauchtfahrzeug für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Hierauf beruhend bestehen die meisten Probleme bei der Bestimmung der "üblichen Beschaffenheit" und insoweit des Vergleichsmaßstabes für Sachen gleicher Art im konkreten Fall, da, worüber man sich in Rechtsprechung und Literatur einig ist, der normale altersbedingte und auf Grund des vor dem Verkauf erfolgten normalen Gebrauchs auftretende Verschleiß der üblichen Beschaffenheit entspricht und demnach i.d.R. wenn nicht zusätzliche Umstände hinzutreten, auch keinen Mangel darstellen kann. Für die zu erfolgende Bestimmung dessen, stellt jedoch zum Beispiel nach der Rechtsprechung auch das Alter und die Laufleistung des gebrauchten Fahrzeuges einen maßgeblichen Anhaltspunkt für die Beantwortung der Frage dar, ob die Erneuerung von Teilen oder gar eine Neulackierung üblich ist oder nicht. Auch ist davon auszugehen, dass je älter das Fahrzeug ist, die Verschleißerscheinungen von Fahrzeugteilen größer wird und demnach auch bei der weiter zu prüfenden Frage, was der Käufer "nach der Art der Sache erwarten kann" zu berücksichtigen ist, wobei die Rechtsprechung hierbei unter anderem zusätzlich den vereinbarten Kaufpreis und den für den Käufer erkennbaren Pflegezustand des Fahrzeuges berücksichtigt. Da die Grenze zwischen der zu bestimmenden üblichen Beschaffenheit und zu erwartenden Beschaffenheit fließend ist, kommt es immer auf die konkreten Umstände im Einzelfall an, wobei im Rahmen dessen auch die vorvertraglichen Angaben und Anpreisungen des Verkäufers zu berücksichtigen sind, soweit diese nicht bereits eine Zusicherung von Eigenschaften darstellen, welche Gewährleistungsrechte begründen.
Um etwaigen Problemen bei der Bestimmung des (sich später zeigenden) Mangels zu umgehen, sollte bereits beim Abschluss des Autokaufvertrages, welcher i.d.R. schriftlich erfolgt, darauf geachtet werden, dass die Kaufsache nicht nur konkret bestimmt wird durch Angabe der Fahrzeugdaten, sondern auch all die Eigenschaften vertraglich vereinbart werden, auf welche der Käufer besonderen Wert legt und mit welchen der Verkäufer in den meisten Fällen auch mündlich die Sache anpreist.